Über unsere Loge

Johannis-Loge „Matthias Claudius“ in Wandsbek

1892  ins Leben gerufen, hospitierte die Matthias-Claudius-Loge (MCL) anfangs in gemieteten Räumen, die übrigens Rudolf Karstadt gehörten, allen  bekannt als Eigentümer des gleichnamigen Kaufhauses. Im selben Jahr wird Hertha BSC gegründet, Gerhard Hauptmann schreibt „Die Weber“, Leoncavallo komponiert den “Bajazzo“, uraufgeführt mit Enrico Caruso. Erstmals werden erfolgreich ein Heilserum gegen die bis dahin tödliche Diphterie und die schmerzlose, örtliche Betäubung angewendet – kurzum, ein ereignisreiches Jahr. Zwar war die Lichteinbringung zum Gründungstag am 10. September vorgesehen. Da in Hamburg zu diesem Zeitpunkt jedoch eine fürchterliche Choleraepedemie wütete, wurde der Festakt auf den 10. November verschoben. Ihr Stiftungsfest feiert die MCL dennoch im September.

Bereits 1901 erwarb man ein Grundstück im Hamburger Vorort Wandsbek, heute ein Stadtteil im Osten der Hansestadt, und ließ dort 1902 ein eigenes Logenhaus errichten. Bereits 1903 wurde das Licht eingebracht. 1935 liquidierten die Nationalsozialisten alle Freimaurerlogen in ihrem Herrschaftsbereich und verfügten den Verkauf der MCL-Immobilie. Sie ging für läppische 14.000 RM an die Stadt Wandsbek. Das Geld erhielt eine dem Regime nahe stehende Stiftung. Die Gestapo konfiszierte sämtliche Ritualgegenstände, Dokumente und Unterlagen. Soweit brennbar wurden sie verheizt! Wie viele andere auch, besitzt die Matthias-Claudius-Loge daher keine Originaldokumente. 1943 fiel das Wandsbeker Logenhaus einem Bombenangriff zum Opfer, konnte aber im Rahmen der damaligen Wohnungsbewirtschaftung als Notunterkunft für Ausgebombte und Flüchtlinge weiter genutzt werden. 

Als sich mit der Währungsreform neuer Schwung ankündigte, fanden sich 1948 siebzehn Ehemalige und Neue zusammen und riefen die Matthias-Claudius-Loge wieder ins Leben. Zwar wurde das Grundstück der MCL rückübertragen. In diesen überaus schwierigen Zeiten war man jedoch nicht in der Lage, einen Wieder-aufbau zu finanzieren und veräußerte die Immobilie. Mit dem Erlös beteiligte sich die MCL am Logenhaus an der Moorweide, das von der Provinzialloge von Niedersachsen geführt wird. In diesem würdevollen Gebäude arbeitet sie nach wie vor immer am Mittwoch.

Obwohl seitdem im Zentrum Hamburgs ansässig, wurde mit Hinblick auf den Na-menspatron und die Herkunft der Zusatz “in Wandsbeck“ beibehalten. Schließlich war der im schleswig-holsteinischen Reinfeld geborene Matthias Claudius (1740-1815) mit Hingabe Wahlwandsbecker. Als Dichter der Aufklärung verfasste er mehrere freimaurerische Tafellieder, sowie das Schlusslied, das alle Brüder der MCL traditionell am Ende jeder Arbeit im Chor sprechen:

  • Brüder! gebt nun Gott die Ehre,
  • Unser Tagwerk ist getan.
  • Oh wer doch vollendet wäre
  • Und ein wirklich freier Mann!
  • Tag und Nacht in Freud’ und Schmerzen
  • Such‘ ein jeder dies von Herzen,
  • Geb’ darauf noch hier sein Wort
  • Und geh’ dann in Frieden fort.
  • Gute Nacht und fröhlich Leben!
  • Eh’ wir auseinander gehn;
  • Gute Nacht! – und Gott mög‘ geben,
  • Daß wir uns hier wiedersehen!
  • Würde einer hingenommen,
  • Sollte er nicht wiederkommen,
  • Hätte Gott das so bedacht,
  • Auch dem Bruder gute Nacht.

Die MCL arbeitet seit dem Gründungsjahr mit einer lediglich 13-jährigen Zwangspause und der Unterbrechung durch die Nachkriegswirren. Wenn wir in die Runde schauen, sind Logen dieses Alters nichts Ungewöhnliches. Das liegt sicher an den festgefügten Traditionen und den das innere Logenleben bestimmenden Ritualen, aber auch dem Beharrungsvermögen ihrer Mitglieder. Hinzu kommt, dass fast alle in den Orden Aufgenommene ihr Leben lang der Freimaurerei treu bleiben. Auf diese erfreuliche Einstellung ist auch das immer schon beachtliche Durchschnittsalter der Logenmitglieder zurückzuführen. 

Das wiederum birgt in unserer schnellebigen Epoche und mit der zunehmenden Lebenserwartung die Gefahr möglicher Überalterung. Andererseits ist aber gerade das aktive Zusammenwirken einer breiten Generationenspanne besonders positiv zu sehen, denn wo sonst finden sich Junioren und Senioren mit gleichen Motivationen und Einstellungen dauerhaft und engagiert zusammen? Ein erfreulicher Aspekt, der nicht hoch genug bewertet werden kann.

Vorausschauend ist es jedoch wichtig, darüber nachzudenken, wie die Freimaurerei insbesondere junge Menschen in der heutigen, abgehetzten und virulent materialistisch ausgerichteten Zeit für ihren Orden gewinnen kann, ohne dabei ihr so überaus wertvolles, in der Anfangszeit allerdings schwierig zu fassendes Gedankengut zu nivellieren. Deshalb gilt es, gerade die Motivation der jüngeren Brüder aufrecht zu erhalten. Eine sehr ernst zu nehmende, aber auch schöne Pflicht, die insbesondere von den Paten als direkte Ansprechpartner mit Verantwortung wahrzunehmen ist.

Die Arbeit am Rauhen Stein ist zwar vorrangig eine sich auf das eigene Ich zu beziehende Allegorie. Sie trifft im weiteren Sinne aber auch die Loge insgesamt zu. Mit ihren vielen Facetten ist sie gewissermaßen eine Art Diamant, der ständige poliert werden will, um sein Feuer dauerhaft zu versprühen. 

Detlev Werth, Claudius – Bote, 2004